Am 21. März 2016 wurde die Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 in deutsches Recht umgesetzt.

Dies hatte bei Verbrauchern sowie einigen Kreditinstituten Unsicherheiten betreffend der sich daraus ergebenden neuen Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung hervorgerufen. Der nun verabschiedete Gesetzentwurf soll etwaige Einschränkungen der Kreditvergabe vor allem für möglicherweise besonders hiervon betroffene Darlehens­interessentengruppen wie junge Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsverträgen oder ältere Darlehensnehmer vermeiden helfen. Hierauf weist der Schatzmeister der Eigentümerschutz-Gemeinschaft Haus & Grund Rodgau und Umgebung, Steuerberater Marc Deckenbach, hin.

1. Nachbesserungen im Bereich der Kreditvergabe an private Immobilienkreditnehmer

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 12. Mai 2017 das vom Bundestag im März 2017 verabschiedete Gesetz zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Finanz­aufsichts­rechtergänzungsgesetz) gebilligt.

In seiner Entschließung er Bundesrat davon aus, dass die vorgesehenen Maßnahmen die Versorgung mit Immobilienkrediten verbessern werden. Er fordert erneut einen raschen Erlass der Rechtsverordnung zur Kreditwürdigkeitsprüfung, um die Kreditvergabe an bestimmte Bevölkerungsgruppen so weit wie rechtlich möglich zu erleichtern. Auch die Frage der Kreditwürdigkeitsprüfung bei Anschlussfinanzierungen und Umschuldungen sollte nach Ansicht des Bundesrates durch die Verordnung in EU-rechtskonformer Weise gelöst werden. Der Entwurf der Rechtsverordnung zur Kreditwürdigkeitsprüfung befindet sich nach wie vor in der Ressortabstimmung zwischen dem Bundes­ministerium für Finanzen und dem Bundes­ministerium für Justiz und Verbraucherschutz.

Der Gesetzentwurf enthält die Klarstellung, dass Wertsteigerungen der Immobilie durch Bau- und Renovierungsmaßnahmen bei der Kredit­würdig­keitsprüfung berücksichtigt werden dürfen.

Eine Verordnungsermächtigung für das Bundes­ministerium der Finanzen und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zum Erlass gemeinsamer Leitlinien zur Kredit­würdig­keitsprüfung soll den Kreditinstituten mehr Sicherheit bei der Anwendung der neuen Regelungen geben. Die Verordnung ist jedoch nicht verbindlich und kann die Kreditinstitute somit auch nicht vollständig aus ihrer zivilrechtlichen Haftung gegenüber dem Verbraucher befreien. Die Geltendmachung von Ansprüchen des Kreditnehmers im Falle einer fehlerhaften Kredit­würdig­keitsprüfung (Ausstieg aus dem Kreditvertrag oder Fortführung zu erheblich vergünstigtem Zinssatz) ist – im Gegensatz zu den Widerrufsrechten – zeitlich nach wie vor nicht begrenzt. Klargestellt wurde, dass Immobilien­verzehrkreditverträge nicht dem Verbraucher­darlehens­recht unterfallen.

 

Bislang nicht enthalten sind Regelungen zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. Die Regelungen für Kopplungsgeschäfte (z. B. die Kopplung von Darlehens­vertrag mit bestimmten Versicherungsverträgen) wurden gegenüber dem Vorentwurf nicht verschärft. Kopplungs­geschäfte dürften damit in den meisten Fällen weiterhin – unter Einhaltung der entsprechenden, bereits geltenden Informationspflichten – zulässig sein. Anschluss­finanzierungen sind nicht ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der Richtlinien-Umsetzung herausgenommen, wie es vom Bundesrat gefordert worden war (Dies wird sich in der Praxis aber voraussichtlich wenig auswirken, da die von den meisten Banken praktizierte unechte Abschnittsfinanzierung (Verlängerung der Darlehenslaufzeit mit veränderten Konditionen ohne Erhöhung des Gesamt­darlehens­betrages und ohne neuen Darlehensvertrag) gemeinhin nicht als Anlass für eine vollständig neue Kreditwürdigkeitsprüfung gesehen wird. So sieht es auch der erste inoffizielle Entwurf der Rechtsverordnung für die Kreditwürdigkeitsprüfung vor.

2. Einschränkungen der Neukreditvergabe im Falle einer drohenden Immobilienblase

Neben diesen Regelungen enthält das Gesetz auch eine Verordnungs­ermächtigung mit dem Ziel, Maßnahmen im Falle einer Gefährdung der Finanzstabilität („Immobilienblase“) einzuleiten (sogenannte „makroprudenzielle Instrumente“). Diese Maßnahmen berechtigen die Bankaufsicht im Falle der Feststellung dieser Gefährdung, die Immobilienkreditvergabe deutlich einzuschränken. Gegenüber dem Vorentwurf wurde der Umfang der Maßnahmen aber deutlich abgeschwächt: Statt der zunächst vorgesehenen vier möglichen Maßnahmen beschränkt sich die Verordnungs­ermächtigung jetzt auf zwei: Das Verhältnis von Kreditvolumen zum Immobilienwert und die maximal zulässige Kreditlaufzeit (Amortisation). Diese beiden Kennzahlen dürfen für den Fall, dass die Bankenaufsicht die Finanzstabilität als gefährdet ansieht, bestimmte Höchstgrenzen nicht mehr überschreiten. Dem Erlass einer solchen Allgemeinverfügung zur Einschränkung der Kreditvergabe muss jedoch ein festgelegtes Verfahren vorausgehen, das u. a. eine Ressortabstimmung sowie eine Anhörung der Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft beinhaltet. Kredite mit einem Beleihungswert von 80 Prozent und einer Darlehenshöhe von bis zu 200.000 Euro sowie Kredite mit einem Beleihungswert von 60 Prozent und einer Darlehenshöhe bis zu 400.000 Euro unterfallen nicht diesen Maßnahmen.

Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet, anschließend wird es verkündet. Es tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Ausgenommen hiervon sind bestimmte Regelungen zu Informationspflichten für Kreditverträge, die auf Referenzwerte (Indizes) Bezug nehmen. Diese Regelungen treten am 1. Juli 2018 in Kraft und setzen eine im Juni 2016 in Kraft getretene EU-Verordnung zur Verhinderung von Marktmanipulationen („Benchmark-Verordnung“) um. 

Mit freundlichen Grüßen 

gez. Dr. Thomas Kilz